OpenDTU: Drosselung für Hoymiles-Wechselrichter selbst einrichten
Das OpenDTU Fusion-Board passt in eine kleine Kunststoff-Box. Per Webinterface ist die aktuelle Solarproduktion ablesbar.
Foto: COMPUTER BILD
Wer Solarmodule mit Hoymiles-Wechselrichter nutzt, sollte einen Blick auf dieses kleine Kästchen werfen: Per OpenDTU lassen sich Balkonkraftwerke drosseln und die Stromerzeugung anzeigen.
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Wechselrichtersind beliebt, Modelle wie der HM-800 schnitten im COMPUTER BILD-Tests sehr gut ab. Doch mit Ausnahme der neuen WLAN-fähigen "W"-Modelle (etwa HMS-800-W) gibt es zwei Einschränkungen: Sowohl zum Auslesen der aktuellen Stromproduktion als auch zur Drosselung auf die für Balkonkraftwerke maximal zulässigen Leistung (in Deutschland aktuell 600 Watt, künftig wohl
800 Watt) braucht es zusätzliche Gateways. Diese bietet Hoymiles selbst in verschiedenen Varianten und Ausbaustufen, als USB-Stecker etwa in Form der
Hoymiles DTU WLite. Doch mittlerweile gibt es eine Alternative: Die kostenlose Software OpenDTU bietet ähnliche Funktionen wie die offiziellen Hoymiles-Geräte - ist dafür billiger und läuft auch ohne China-Cloud. COMPUTER BILD hat sie ausprobiert.
Was ist OpenDTU?
Traditionell kommen Hoymiles-Wechselrichter mit einer eingebauten proprietären Funkübertragung. Die HM-Modelle nutzen dabei eine Frequenz um 2,4 Gigahertz, die neueren HMT- und HMS-Modelle dagegen funken auf reichweitenstärkeren Frequenzen unter 1 GHz. Um die Verbindung zum Internet und dem heimischen WLAN herzustellen, braucht es also ein Gerät, das diese Funkfrequenz empfängt und die Verbindung per WLAN oder LAN mit dem Router herstellt – eine Hoymiles Data Transfer Unit (DTU). Findigen deutschen Programmierern allerdings ist es gelungen, das Funkübertragungsprotokoll der Hoymiles DTU nachzubilden und als Open-Source-Software unter dem Namen OpenDTU zu veröffentlichen (die Idee enstand Ende 2021 im
Mikrocontroller.net-Forum). Diese lässt sich auf verschiedenen Microcontrollern einsetzen, auf denen dann entsprechende Funkmodule integriert sind. Mittlerweile gibt es ein ähnliches Projekt auch unter der Bezeichnung
AhoyDTU.
Warum OpenDTU?
OpenDTU hat (wie auch AhoyDTU) mehrere Vorteile gegenüber Original-DTU von Hoymiles: Zum einen ist es den Entwicklern im Sommer 2023 gelungen, nach dem Funkprotokoll der alten HM-Serie auch das der neuen HMT- und HMS-Serie zu "knacken". Kombiniert man die Software mit Funkmodulen für beide Funkbereiche, lassen sich "Fusion"-Systeme bauen, die so gut wie alle Hoymiles-Mikrowechselrichter abdecken. Eine weitere Eigenart, die viele als Vorteil sehen: OpenDTU sendet die Daten der Solarerzeugung nicht an Cloud-Dienste von Hoymiles.
OpenDTU für Hoymiles einrichten
Zunächst benötigt man einen Mikrocontroller, dessen Platine mit den entsprechenden Funkmodulen bestückt und auf den die passende OpenDTU-Software aufgespielt ist. Zum Glück gibt es OpenDTU-Einheiten bereits fertig zusammengebaut in einem Gehäuse zu kaufen. Im Test wurde die
AllianceApps OpenDTU Fusionverwendet, die für rund 50 Euro zu haben ist (
als Amazon-Angebotoder als Community-Edition direkt
im AllianceApps-Shop). Die Einrichtung ist für technikaffine Naturen recht einfach, ein QR-Code weist zur
Anleitung auf Google-Docs.
Die Einrichtung erfolgt in mehreren Schritten:
- OpenDTU Fusion mit USB-C-Netzteil verbinden (nicht mitgeliefert). Die OpenDTU Fusion spannt danach ein eigenes WLAN auf.
- Verbinden Sie etwa ihr Smartphone mit diesem WLAN-Netz, erkennbar am Namen OpenDTU-XXXXXX (XXX steht hier für eine individuelle Zeichenfolge). Das WLAN-Passwort ist openDTU42.
- Im Browser erscheint automatisch (oder nach Aufruf der IP-Adresse http://192.168.4.1/) die Einrichtungsseite. Im Menü Einstellungen und Netzwerk loggt man sich mit den Logindaten admin und dem Passwort openDTU42 ein, trägt danach den Namen des heimischen WLAN (SSID) und dessen Passwort ein und wählt Speichern.
- Nach einem Neustart ist die OpenDTU im eigenen WLAN unter einer neuen IP-Adresse zu finden. Welche das ist, lässt sich im Routermenü nachschauen, bei der FritzBox etwa unter https//fritz.box/ und Heimnetz oder Netzwerk. Rufen Sie diese IP-Adresse im Browser auf und speichern Sie sich diese unter den Favoriten oder beim Smartphone über das Optionsmenü des Browsers als Icon auf dem Homescreen (iPhone: "Teilen"-Symbol, dann weiter unten das Menü Zum Home-Bildschirm; Samsung-Internet-Browser: Seite hinzufügen zu... / Startbildschirm)
- Notieren Sie sich die Seriennummer des Hoymiles-Wechselrichters (siehe Verpackung oder Aufkleber auf der Unterseite des Routers). Rufe Sie die OpenDTU-Startseite auf und tragen Sie unter Einstellungen, Wechselrichter die Seriennummer des Wechselrichters ein. Achtung: Das funktioniert natürlich nur, wenn der Wechselrichter gerade mit Strom versorgt wird – also ein Solarmodul mit laufender Sonnenstromproduktion angeschlossen ist.
- Fertig! Ab sofort wird auf der OpenDTU-Startseite stets die aktuelle Solarstromerzeugung am Wechselrichter angezeigt.
Gibt es Nachteile von OpenDTU?
Ja. Zum einen ist die Einrichtung nicht so einfach wie bei der offiziellen
Hoymiles DTU WLite. Außerdem liest OpenDTU nur die Daten aus den Wechselrichtern aus, erstellt aber keine so detaillierte Statistik, wie sie in der Hoymiles-Cloud zu finden ist. Immerhin: Neben der aktuellen Stromerzeugung (über alle gekoppelten Wechselrichter und aufgeteilt auf die einzelnen Anschlüsse, also pro Modul) wird auch der jeweilige Tagesertrag sowie die Gesamtstromerzeugung nach Einrichtung des Wechselrichters angezeigt. Wer mehr will, kann die Daten der OpenDTU in einer Smarthome-Zentrale wie dem
Homeassistantauslesen. Als Schnittstelle dient dabei das MQTT-Protkoll. Die Einrichtung ist allerdings nicht gerade benutzerfreundlich.
Solarstrom-Infos von überall abrufen
Im Browser auf dem Smartphone oder Notebook lassen sich die aktuelle Solarstromproduktion und weitere Infos bei eingerichteter OpenDTU einfach durch Aufrufen der IP-Adresse einsehen. Von unterwegs geht das allerdings nur, wenn man zuvor eine VPN-Fernbindung zum Heimnetzwerk herstellt. Der VPN-Zugriff von unterwegs lässt sich in vielen Routern einstellen, beschrieben wird das etwa im Ratgeber
VPN auf der FritzBox einrichten.
Wie drossele ich per OpenDTU?
Das Drosseln des Wechselrichters ist über OpenDTU sehr einfach. Man tippt bei eingerichtetem und aktivem Wechselrichter (Solarmodule sind angeschlossen und speisen Strom ein) in der Live-Ansicht einfach auf das Tacho-Symbol unter der Modellbezeichnung des entsprechenden Wechselrichters. Dann erscheinen die Limit-Einstellungen. Unter "Aktuelles Limit" lässt sich in das Feld vor "W" die gewünschte maximale Watt-Ausgabe einstellen. Wählt man danach das unten das Feld "Limit dauerhaft setzen", wird die Leistung gedrosselt – bei Steckersolar-Installationen gilt pro Wechselrichter an einem Zähler ein Limit von 600 Watt.
Einbindung in Home Assistant
Wer mehr will als den aktuellen Solarstrom abzulesen oder seinen Wechselrichter zu drosseln, kann die OpenDTU auch in eine intelligente Smarthome-Zentrale wie Home Assistant einbinden. Dafür muss in den Einstellungen der OpenDTU-Startseite unter dem Menü MQTT noch die IP-Adresse der Home-Assistant-Zentrale (Port ist immer 1883) sowie der dort speziell für mqtt eingerichtete Benutzername samt Passwort eingetragen werden. Das setzt allerdings voraus, das zuvor im Home Assistant die Integration "Mosquitto broker" für MQTT eingerichtet wurde. Eine ausführliche Anleitung findet sich etwa im
Blog von Helmut Karger.
Große Balkonkraftwerke drosseln
Hinweis vor allem für größere Installationen mit Ost-West-Ausrichtung: Die Drosselung wird bei Hoymiles auf alle Tracker (MPPT) verteilt. Die kleinen Hoymiles-Wechselrichter HM-600 und HM-800 haben je Anschluss einen eigenen Tracker. Der Hoymiles HM-1500 (vier Anschlüsse, zwei MPPT) aber bündelt je zwei Solarmodule an einem gemeinsamen Tracker. Was oft als Nachteil genannt wird, bietet im Szenario mit zwei Modulen in Ost- und zwei Modulen in West-Ausrichtung Vorteile: Drosselt man den HM-1500 auf 600 Watt, wird die Leistung je MPPT auf 300 Watt limitiert. Schließt man am selben MPTT jeweils ein Modul mit Ost- und ein weiteres Modul mit West-Ausrichtung an, die zu unterschiedlichen Zeiten am Tag maximale Leistung bringen, lässt sich jedes Modul so besser auslasten als bei einem System mit vier Trackern wie dem HMS-2000, wo jeder Modulanschluss fix auf 150 Watt limitiert ist, sofern man ein Limit auf 600 Watt einstellt.
Author: Nicole Serrano
Last Updated: 1703676482
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